Skip to content

Die Entstehung der modernen Welt und Afrikas wahrer Beitrag

Die Erforschung und Neuschreibung der Kolonialgeschichte des Westens, der selbst heute immer stärker unter Beschuss gerät, ist auf allen Ebenen nach wie vor in vollem Gange. Hier füllt das umfassende Buch von Howard W. French über die Entstehung der modernen Welt („des Westens“) und Afrikas wahrem Beitrag dazu, eine Globalgeschichte, eine wichtige Lücke. Ein wahres Kompendium an Entdeckungen erwartet die westliche Leserin frei nach dem Motto „Wer hätte das gedacht“ und klärt mit unzähligen Quellen in essayistischem Stil darüber auf, über welche Kenntnisse und entwickelten Gesellschaften die afrikanischen Völker, insb. Westafrikas, lange vor der Ankunft der Europäer bereits verfügten. Hierbei betont der Autor, auch aus eigener familiärer Erfahrung, immer die Tragweite der in Gang gebrachten Entwicklungen und vor allem, in welchem Umfang die Rolle Afrikas dabei seit Jahrhunderten von der Geschichtsschreibung systematisch ignoriert oder vernachlässigt wurde. Ein Schwerpunkt ist auch Portugals damaliger Aufstieg zur Weltmacht.

Einleitend gleich eine wichtige Feststellung: Die berühmtesten Seefahrer der Iberischen Halbinsel sammelten ihre Erfahrungen nicht auf der Suche nach einem Seeweg nach Asien, wie es immer heisst, sondern vielmehr (vorher) beim Erforschen der Westküste Afrikas.

Ein Überblick

Die Erforschung Afrikas setzte, was Portugal betraf, im frühen 15. Jahrhundert ein. Lange bevor Christoph Kolumbus gen „Indien“ (Amerika) aufbrach, erkundete er zunächst Europas ersten grossen, befestigten Aussenposten, die portugiesische Festung Elmina im heutigen Ghana, auf der Suche nach den Quellen des ungeheuren Reichtums dieser Region, Goldküste genannt, von denen auch er gehört hatte. Und er hatte Erfolg! Mit diesem Gold sollten später die Entdeckungsreisen eines gewissen Vasco da Gama nach Asien finanziert werden. Und dieser Goldsegen ermöglichte es Portugal, bisher ein kleines, mittelloses, europäisches Land, seinen Nachbarn (insb. Spanien) zuvorzukommen und den Lauf der Weltgeschichte radikal zu verändern. Damals legte Portugal die Grundlagen zum Aufbau seines Weltreiches. 

Es waren die Ereignisse und die Aktivitäten, die sich aus Begegnungen von Europäern und Afrikanern ergaben, die letzten Endes zu einem Zuwachs an Wohlstand und Macht in Europa führten und nicht etwa irgendwelche angeborenen Eigenschaften der Europäer, auf denen sich ihre vermeintliche „Überlegenheit“ gründete. Diese spätere Überlegenheit baute vielmehr auf dem Fundament der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen Europas zu Afrika auf, im Mittelpunkt dessen der massive, transatlantische Sklavenhandel stand (später Gold, Zucker, Tabak, Kaffee, Baumwolle etc. von den Plantagen der Neuen Welt). 

Der neue Wohlstand in Portugal trieb die Urbanisierung im Lande voran wie nie zuvor und schuf neue, moderne Identitäten, hinaus aus feudalistischen Bindungen und hin zu einer nationalen Identität, wie wir sie heute kennen. Entdeckungen wurden in der Folge zu einer Geisteshaltung und damit zu einem weiteren Eckpfeiler des Modernismus: Dies beförderte eine Bewusstseinserweiterung, weg vom Provinzialismus. Wobei man betonen muss, dass diese Bedeutung des Handels mit Afrika den Portugiesen damals durchaus bewusst war. 

Auch das britische Empire basierte auf den Abgaben und Einkünften aus Sklavenarbeit auf den Plantagen, die die fundamentale Stütze seines Wohlstands war. Dasselbe galt für Frankreich. 

Im 18. Jahrhundert war Afrika mehr als jeder andere Teil der Welt der Motor der Moderne: Ohne afrikanische Völker, die von den afrikanischen Küsten aus nach Übersee verkauft wurden, hätte Amerika wenig zum Aufstieg des Westens beitragen können. Erst die Plantagen-wirtschaft mit Feldfrüchten wie Tabak, Kaffee, Kakao, Indigo, Reis und vor allem Zucker trieben Europas Entwicklung hin zu einer wahrhaft globalen, kapitalistischen Wirtschaft voran. Der von Heerscharen von Sklaven angebaute Zucker beschleunigte die Prozesse hin zu dem, was wir Industrialisierung nennen und veränderte auch die Ernährung radikal. Zucker revolutionierte die europäischen Gesellschaften. Der Autor vertritt sogar die These, dass der Zucker damit einen Beitrag zur Verankerung der Demokratie in Europa leistete, wobei er wohl auf die Entstehung von Kaffeehäusern anspielt, die den geistigen Austausch in den Zeiten der Aufklärung vorantrieben. Nach Zucker trug die im Süden Nordamerikas angebaute Baumwolle zum Beginn der Industrialisierung bei. Das Ausmass des Baumwollbooms vor dem amerikanischen Bürgerkrieg im 19. Jahrhundert war unglaublich. Deren Wertschöpfung wiederum brachte den Bau von Fabriken, Eisenbahnlinien und Kanälen des Landes hervor.

Spanien und Portugal ihrerseits führten erbitterte Seeschlachten vor Westafrika, um sich den Zugang zum dortigen Gold zu sichern. Holland und Portugal (und Spanien) fochten im 17. Jahrhundert fast einen Weltkrieg aus um den Handel mit den grössten Lieferanten von Sklaven, dem Kongo und Angola. Brasilien, der grösste Produzent des von Sklaven angebauten Zuckers, geriet in diesen Krieg und wechselte mehrfach den Besitzer. 

Später im 17. Jahrhundert kämpften England und Spanien um die Herrschaft in der Karibik. Der auf der Insel Barbados angebaute Zucker hatte einen höheren Wert als die Metallexporte des ganzen spanischen Amerikas! Barbados und dessen von Sklaven produzierter Zucker halfen erst, Englands Aufstieg im 17. Jahrhundert zu besiegeln! Inseln wie Barbados und Jamaika waren zu ihrer Zeit weit wichtiger als die englischen Kolonien, aus denen bald die Vereinigten Staaten von Amerika hervorgehen sollten.

Ein mindestens ebenso zentrales Thema des Buches ist der Handel mit Sklaven, d.h. des Krieges gegen die Sklaven selbst und welche Auswirkungen dies auf die Entwicklung Afrikas hatte: Unermessliche! Man schätzt die Anzahl der Sklaven, die nach Amerika verschleppt wurden, auf 12 Millionen! Weitere 6 Millionen wurden bei Sklavenjagden in Afrika getötet. Allein 5-40 % der Schwarzen starben auf den langen, brutalen Märschen durch den afrikanischen Dschungel an die Küste oder durch monatelange Aufenthalte in Verliesen an der Küste vor ihrer Verladung auf Überseeschiffe. Weitere 10 % verendeten auf der Überfahrt. Die Gesamtbevölkerung Afrikas belief sich Mitte des 19. Jahrhunderts auf ca. 100 Millionen Menschen. 

In den meisten Plantagen der Neuen Welt betrug die durchschnittliche verbleibende Lebenserwar-tung von importierten Sklaven (nach Ankunft) sieben Jahre oder weniger. Für seine Recherchen besuchte der Autor zahlreiche Länder Westafrikas, von Nigeria bis zum Kongo, Brasilien, Haiti und die Karibik ebenso sowie den Sahel. Wer weiss schon, dass aus der Karibik einige wirklich wichtige globale Veränderungen hervorgingen! Noch bedeutsamer war Haiti. Im 18. Jahrhundert wurde es zur reichsten Kolonie der Geschichte, Frankreichs, man mag es kaum glauben, wenn man an das heutige Armenhaus denkt, ein wahrer failed state. 1804 erklärte sich Haiti unabhängig von Frankreich, ermutigt durch die Französische Revolution von 1789. Es führte es seine eigene, obendrein erfolgreiche Revolution der Sklaven durch, ein Beitrag, um das Ende der Sklaverei auch anderswo durchzusetzen.

Stets aufs Neue prangert der Autor das Unwissen, das Schweigen über all diese Themen an, einen jahrhundertelangen Prozess der Schmälerung (der Bedeutung), der Trivialisierung und der Auslöschung von Afrikanern aus der Erzählung der modernen Welt an. Die Wahrheit ist, dass Afrika alles, was uns heute so vertraut ist, erst möglich gemacht hat.

Das mittelalterliche Mali, seine Reiche und das Gold

Welche afrikanischen Reiche existierten nun vor der Ankunft der Europäer? 

Lange habe man der Öffentlichkeit eingeredet, klagt der Autor, Afrika habe keine nennenswerte, vormoderne Geschichte. Lange habe man geglaubt, die Völker des subsaharischen Afrikas seien erst durch den Kontakt mit den Arabern Ende des 1. Jahrtausends angeregt worden, Städte zu gründen. Nein! Lange herrschte so die Meinung vor, erst der Kontakt mit Europa Jahrhunderte später habe das sog. Schwarzafrika aus seiner angeblichen Isolation geholt und es mit den grossen Geistesströmungen Europas verbunden, die den Rest der Welt seit dem späten Mittelalter erfasst hatten. Über weite Strecken dominierte die Vorstellung in unserer Kultur, ein grosser Teil Afrikas bestehe aus sinnlos einander bekämpfenden Stämmen ohne Geschichte oder Schriftlichkeit. Nochmals Nein!

Nehmen wir nur das antike Djenné im Südwesten Malis. Djenné war die zweitälteste Stadt im Sahel nach dem berühmten Timbuktu, mit seinen Goldfeldern in der Umgebung wurde es bereits ca. 250 Jahre v.Chr. besiedelt. Schon in frühchristlicher Zeit zählte die antike Stadt mit ihren 30.000 Einwohnern zu den Städten von Weltrang, abgesehen von China und einigen anderen Weltregionen. 

Vielmehr war Djenné schon jahrhundertelang eine Stadt, bevor die Araber im 7. Jahrhundert in Nordafrika einfielen. Djenné florierte durch den Handel mit Fisch, Getreide, Kupfer und anderen Metallen und stand zudem mit mehreren Hundert Kilometer entfernten Städten wie Timbuktu oder Gao in Verbindung. Bei Ausgrabungen stiess man u.a. auf Objekte wie Glasperlen aus dem China der Han-Dynastie (202-220 n. Chr.) und andere Handelswaren aus den östlichen Mittelmeerraum. 

Regionale klimatische Veränderungen im 3. Jahrhundert n.Chr. ermöglichten den Nordafrikanern, den Handel mit immer mehr Völkern immer weiter südlich der Sahara aufzunehmen und von dort Gold und Sklaven zu beziehen. Der Sklavenhandel kam also nicht erst mit den Europäern auf.

Irgendwann um 500 n.Chr. wurde Djenné ein wichtiger südlicher Endpunkt in einem höchst einträg-lichen transsaharischen Goldhandel. Gerüchte darüber erreichten uns erstmals in antiken Schriften des Mittelmeerraumes. Um 600 n. Chr. wuchs dieser Handel mit Hilfe von widerstandsfähigen Kamelen für den Transport durch die Wüste. Dieser kamelbasierte Handel führte zu dramatischen und religiösen Veränderungen im Sudanesischen Afrika und in der Folge zum Entstehen grossflächiger Reiche. Das erste war Ghana, im westlichen Sahel gelegen und nicht mit dem heutigen Ghana zu verwechseln. Es praktizierte sesshafte Landwirtschaft wie auch Wanderweidewirtschaft. Durch den nachhaltigen Kontakt mit den Völkern Nordafrikas begannen Ghanas Führer, sich allmählich dem Islam zuzuwenden, aber einem gemässigten. Wegen des Handels galt Ghana in ganz Nordafrika, im Mittelmeerraum bis hin zum Jemen, als „Goldland“. Dieses Gold spielte eine entscheidende Rolle im arabischen „Goldenen Zeitalter“, einer Zeit explosiven Wachstums und politischer Expansion von 750 bis zum 13. Jahrhundert. Die harte Währung der arabischen Welt war der Golddinar, überall hochgeschätzt, auch im mittelalterlichen, christlichen Europa. Dies erleichterte den Handel von der Levante bis zum arabischen El Andalus in Spanien. Im 11. Jahrhundert verfügte das reiche und angesehene Ghana über beeindruckende Heere!

Zurück zu Portugal. Was trieb die Europäer, angeführt von den Portugiesen, seit der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, entschlossen nach Handelsgelegenheiten und politischen Beziehungen mit Regionen zu suchen, die bisher als total entlegen und unzugänglich galten? Hierbei spielt nun Djenné eine Rolle, in einer Region, die sich bald ebenso stark nach aussen orientierte wie Portugal oder Spanien, aber lange vor den grossen Seefahrten der Iberer. 

Das bekannteste dieser Reiche, Mali, das auf Ghana an der Wende zum 14. Jahrhundert folgte, wurde von einem Kaiser regiert, Abu Bakr II. In unseren Breiten kannte man in jüngerer Zeit in der Region nur einen Kaiser namens Bokassa, der es zu trauriger Berühmtheit brachte. Was war Abu Bakr II. für ein Mann? Er war besessen von der Idee, die westlichen Grenzen des Atlantischen Ozeans per Schiff zu erreichen! Und das mehr als 150 Jahre vor Christoph Kolumbus! Wer weiss das heute?! Nur spärliche Dokumente sind jedoch erhalten und unzureichende Kenntnisse der Strömungen in der Mitte des Ozeans verhinderten derartige Erkundigungen fürs Erste.

Sein Nachfolger, Mansa Musa, beschreibt Abu Bakrs Expeditionsflotten gen Westen, mit denen das Land seine Position absichern wollte. Sie umfassten 200 schwer mit Gold beladene Schiffe, um neue Märkte in unbekannten Ländern zu erschliessen und diese mit Reichtum zu beeindrucken. Den Herrschern Malis war ausserdem damals schon deutlich bewusst, dass auf der anderen Seite des Mittelmeeres eine weitere Landmasse lag. Europa. Von ihrem Drang nach Westen erhofften sie sich Ähnliches, irgendwo in erreichbarer Nähe vor der westafrikanischen Küste – womit sie die Schiffsexpeditionen der Iberer fast das ganze 15. Jahrhundert hindurch vorwegnahmen! Wobei diese Herrscher die muslimisch geprägten Länder des Maghrebs wegen der asketischen Almoraviden umgehen wollten. 

Welches naturwissenschaftliche Wissen existierte in der islamischen Welt des Mittelalters? Malis Herrscher pilgerten immer wieder nach Mekka und entsandten regelmässig Gesandte nach Kairo und in andere arabische Städte. Mali war inzwischen zu einem Grossreich geworden. Im Nahen Osten galt es spätestens seit dem 10. Jahrhunderts bzw. bereits seit Aristoteles 400 v. Chr. als ausgemacht, dass die Erde eine Kugel ist. Welche Motive mochten Abu Bakr zu solchen Seereisen inspiriert haben? Das hing vielleicht mit zwei Faktoren zusammen: Zum einen Malis Übernahme eines gemässigten Islams, der ihm enge Kontakte mit islamischen Geschäfts- und Wissensnetzwerken ermöglichte. Die Übernahme des Islams in Mali beinhaltete stark universalistische Ambitionen, den Aufbau enger Netzwerke für Geschäfte und Wissensaustausch mit Nordafrika. Und zum anderen mit dem Niedergang Ghanas durch den Einfall almoravidischer Berber aus Nordafrika, die ihm den Goldhandel entrissen. In der Folge breiteten sich die Almoraviden bis in den Süden der Iberischen Halbinsel aus (El-Andalus), und das für 400 Jahre.

Berichte aus dem dem goldenen Zeitalter Malis und seinen Nachfolgestaaten

Abu Bakrs Nachfolger Mansa Musa kam 1312 an die Macht. Zu dieser Zeit, dem Zenit Malis, umfasste das Reich die Flusstäler des Senegal, Gambia und vor allem den Niger. Insgesamt könnte Mali bis zu 50 Millionen Untertanen und Vasallen gehabt haben! Die Goldförderung boomte. Mali dehnte sich seinen Goldhandel bis ins heutige Ghana aus. Ein weiteres Handelsgut war damals schon der intensive Sklavenhandel, bis nach Nordafrika und in noch weiter entfernte Länder. Das sollte weitreichende Folgen für unsere europäische Geschichte haben, nämlich die Geburt des transatlantischen Sklavenhandels im frühen 16. Jahrhundert. 

Mansa Musa wollte Mali geopolitisch bzw. aussenpolitisch breiter aufstellen, was hiess, raus aus der völligen Abhängigkeit von Nordafrika durch die Almoraviden, und er wollte Verbindungen zu Ägypten knüpfen. Legendär seine Pilgerreise nach Kairo anno 1324 drei Monate lang zu Pferde, wo er mit Gold nur so um sich warf! Und mit unglaublichem Pomp und Freigiebigkeit beeindruckte. Seine Delegation umfasste 60.000 Mann! Fächer aus Gold, Sklaven, Kamele und Pferde beladen mit Unmengen von Goldstaub, die reinsten Märchen aus 1001 Nacht! Aber weitgehend unbekannt in unseren Breiten. Überall verteilte Musa Goldgeschenke an Arm und Reich. Der Herrscher der Mamlukken am Nil, sehr angesehen in der islamischen Welt, erhielt seinerseits mehr als 400 Pfund pures Gold! 

Musas verschwenderischer Umgang mit Gold wie auch Sklaven sollte jahrhundertelang den Ruf Subsaharas auf nie versiegende schwarze Arbeitskräfte besiegeln, wenn auch eher nach Malis Unter-gang. Sein Nachfolgereich Songhai mit der Hauptstadt Gao, das sich über Teile der heutigen Staaten Mali, Niger, Senegal, Gambia, Guinea, Liberia, Elfenbeinküste und Nigeria erstreckte, wurde 1591 durch eine feindliche Invasion aus Marokko gestürzt und zerfiel. Dieses Ereignis war ein Wendepunkt, den der Autor für seine Tragweite mit der Schlacht von Hastings 1066 gegen Wilhelm den Eroberer um den Thron von England vergleicht. Die Folge waren fast ständige Kriege und ein Mosaik aus Kleinstaaten, die sich ständig veränderten – leichte Beute für den späteren Aufbau eines transatlantischen Sklavenhandels.

Aus Ägypten nahm Musa eine riesige Bibliothek mit nach Mali sowie einige der besten Architekten seiner Zeit, die die grossen Moscheen in Timbuktu und anderen wichtigen Städten des Landes errichteten. Auf diese Weise wurde Mali als bedeutende transregionale Macht anerkannt und integraler Teil der islamischen Welt. Wer weiss, wie sich das Reich und der Kontinent entwickelt hätten, wenn es schon Feuerwaffen gegeben hätte, die wenige Jahrzehnte später aufkamen und sich weit verbreiteten. Sein Niedergang – wie der aller grossen Reiche – war dann chronischen inneren Auseinandersetzungen geschuldet sowie Nachfolgekriegen.

Etwa 100 Jahre später erfuhren Musas Nachfolger, dass sich der Ruhm Malis bis nach Europa herumgesprochen und deren Herrscher beeindruckt hatte. Diese, wie insb. das bereits erwähnte Portugal, waren nunmehr fest entschlossen, den Quellen dieses ungeheuren Goldreichtums auf die Spur zu kommen.

Afrika – leere Landkarte? Später bemühte sich der Stadtstadt Kano im heutigen Nigeria um ein Bündnis mit den Osmanischen Türken, vergeblich. Und das Königreich Kongo (heute ein schwarzes Loch in Schwarzafrika, seit den Verwüstungen durch die belgische Kolonialmacht im 19. Jahrhundert) unterhielt umfangreiche (!) Beziehungen zur lateinischen Christenheit und spielte gar eine Schlüsselrolle als Verbündeter Hollands im niederländisch-portugiesischen Krieg. 

Die Entdeckung des Goldes von El Mina

Die Portugiesen drangen immer weiter nach Westafrika vor, über Sierra Leone hinaus. Wo blieb das Gold?! Endlich kam es in Sicht! Ein kapitales Ereignis war die Entdeckung von Gold an der ghana-ischen Küste, alle Welt trug dort Gold, so dass die Portugiesen gar nicht danach suchen mussten! Noch vor der Entdeckung Amerikas! Die Krönung von 60 Jahren Goldsuche. Irgendwo dort musste sich eine grosse Goldmine befinden, daher der Name El Mina. Diese Entdeckung sollte die Welt so sehr verändern wie nichts anderes zwischen Spätmittelalter und Neuzeit. Schon im 13. Jahrhundert träumten die Genueser vom Gold. Auf der Suche nach weiterer Beute fuhren die Portugiesen gleich weiter gen Osten, bis zur Bucht von Benin und Sao Tomé. 

Mit diesem ersten Gold im Gepäck konnte der portugiesische König sogleich Portugals anämischer Währung neues Leben einhauchen. Kronprinz João übernahm den Goldhandel gegen die Lieferung der knappen Baumwolle sowie von Eisen und Messing für landwirtschaftliche Geräte oder Waffen. Dieser Küstenstreifen wurde fortan Goldküste genannt.

Die Nachricht von der Entdeckung dieses Goldschatzes liess sich im fernen Portugal leider schlecht geheim halten und so traten alsbald die ersten Glücksritter aus Spanien, Frankreich und Genua u.a. auf den Plan. Schon bald entspann sich ein erbitterter Kampf mit Spanien um diese Reichtümer, d.h. der portugiesische König versuchte die spanische Krone durch Heirat mit der Kronprinzessin „zu übernehmen“. Da sich Königin Isabella jedoch weigerte aufzugeben, entstand – finanziert durch afrikanisches Gold – ein Kampf um die Vormacht auf der iberischen Halbinsel und Westafrika. Afrika war der Schlüssel für Portugals Stärke. Spanien seinerseits hatte bisher wenig Interesse an der Erkundung Westafrikas gezeigt.

Wirtschaftliche Bedeutung des Goldhandels für Portugal

Das Goldgeschäft war für den portugiesischen Hof und die kleine portugiesische Wirtschaft unverzichtbar geworden. Monatlich brachten die portugiesischen Karavellen durchschnittlich 46-57 kg Gold nach Lissabon, das machte pro Jahr ca. 680 kg und entsprach einem Zehntel der gesamten damaligen Goldförderung! Dieses Gold stärkte die traditionell schwache portugiesische Währung. Zu den üblichen Waren wie Salz, Trockenfisch und Wein kamen hochwertigere Waren wie Messing und Kupferwaren, Eisenbarren, feine indische Stoffe und Feuerwaffen hinzu, ebenfalls nützlich, um unter den kleinen afrikanischen Königreichen Zwietracht zu säen. Am portugiesischen Hofe herrschte nunmehr ein bis dato unvorstellbarer Luxus.

Dank ihrer afrikanischen Kunden reichte der Handel Portugals weit über Afrika hinaus, bis nach Indien, um dort die kostbaren Baumwollstoffe zu erwerben, die bei den afrikanischen Königen und Häuptlingen so geschätzt waren. Kurz: Portugal erlebte in den 1480er Jahren einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung. Dazu mussten Handelswege und Versorgung an der Goldküste aufwendig geschützt werden. Abgesehen davon versuchten die Portugiesen immer wieder, den Goldhandel im Sahel unter ihre Kontrolle zu bekommen. In die andere Richtung schickten sie eine Gesandtschaft ins Königreich Kongo (!), das in Wirklichkeit ein sehr viel grösseres und beeindruckenderes Gemeinwesen war als das kleine Königreich an der Goldküste.

Angesichts dieser Entwicklungen rückte Diaz´ Entdeckung des Kaps der Guten Hoffnung von 1488 in den Hintergrund. Der nächste Kapitän auf Entdeckungsreisen sollte ein unbedeutender Höfling namens Vasco da Gama werden… Das Gold von Elmina ermöglichte alle derartigen Expeditionen, die die Portugiesen 1497 bis nach Indien führen sollten. Es war ebenso das Gold von Elmina, das es Portugal in die Lage versetzte, mit Spaniens Entdeckungen, Kreuzzügen und internationalen Handelsbeziehungen mitzuhalten, die sich zu der Zeit gerade rasant entwickelten. Kolumbus, auf dem Rückweg von seiner „Entdeckung Amerikas“, machte vor seiner Ankunft in Spanien kurz in Lissabon Station und berichtete dem König brühwarm von seinen Erlebnissen in Übersee. Der König ärgerte sich schwarz darüber, welche Reichtümer ihm da entgangen waren!

Kleiner Exkurs zu den frühen wirtschaftlichen und finanziellen Aspekten des Goldhandels in Europa

Nicht nur Genueser waren hinter dem afrikanischen Gold her, sondern vor allem das portugiesische Herrscherhaus Avis. Zwei Faktoren  bestimmten die 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts: Ein massiver Arbeitskräftemangel durch die Verwüstungen der Pest in Europa wie auch eine dramatische Zahlungsbilanzkrise, als wegen dieses Mangels die Ausbeute in den Silberminen Europas zurückging. Zum anderen die Tatsache, dass der Nachschub an Sahel-Gold aufgrund politischer Instabilitäten in der Region stockte. Und so herrschte im 14. und 15. Jahrhundert ein chronischer Mangel an Münzgeld in Europa, was selbst Pilgerfahrten unmöglich machte. Wie kam das?

KONICA MINOLTA DIGITAL CAMERA

Zwischen den 1340er –und 1370er Jahren (Hochzeit des Mali-Reiches) ergossen sich unglaubliche Mengen an afrikanischem Gold, meist in Form von Goldstaub, in europäische Geldtruhen: 400-800 kg sudanesisches Gold wurden jährlich allein von Genua dokumentiert! Als Mali im Niedergang begriffen war, fehlte das Gold in Europas Münzanstalten allerorten, z.B. in Flandern, wo von 1402-1410 die Produktion ganz ausgesetzt wurde! Ähnliches geschah in England und führte zu einem Rückfall in Tauschgeschäfte! Selbst der Papst mischte sich ein und klagte „Das Geldproblem beherrscht alles“. Wobei Europa die Geldwechsler meist mit Juden gleichsetzte… Die Goldkrise wurde ein wichtiger Faktor bei judenfeindlichen Pogromen in weiten Teilen Europas! 

Wie dem entgegenwirken? Es war der portugiesische Prinz Heinrich, genannt „der Seefahrer“, aus dem Hause Avis, der sich angesichts von Geld- und Arbeitskräftemangel auf die Eroberung fremder Weltgegenden in Erinnerung an die Kreuzzüge besann. Er begann mit der Einnahme Ceutas an der Mittelmeerküste 1415 und begründete Portugals allmählichen Aufstieg zur Seemacht. Dies bedeutete den Startschuss für die Erkundung Afrikas, die Vorstufe der Kolonialisierung. Auf diese Art sollte auch der Goldhandel durch die Sahara nach und nach unter portugiesische Kontrolle kommen.

Allmähliche Erforschung Westafrikas (Inseln)

Die Eroberung Ceutas reichte indes für die Kontrolle des Goldhandels nicht aus. Daraufhin lenkte der berühmte Prinz Heinrich sein Augenmerk auf die Kanarischen Inseln und seine indigenen Völker. Sie kamen als erste mit den finsteren Kolonialisierungsmethoden der Europäer in Kontakt, der Portugiesen und insb. der Spanier. Derartige Eroberungen gestalteten sich für die Iberer oft schwerer als erwartet und endeten nicht selten mit demütigenden Niederlagen der Kolonisatoren. Als die Spanier die Unterwerfung endlich geschafft hatten, wurde die indigene Steinzeitkultur der Guanchen auf den Kanaren weitgehend ausgerottet. Im 15. Jahrhundert wetteiferten Spanier und Portugiesen immer wieder um die Vorherrschaft an den Kanarischen Inseln. 

Diese Inseln hatten die Portugiesen nicht weitergebracht und so dachte Prinz Heinrich weiter an die Sahel-Küste in der Hoffnung, dort noch Völker zu finden, die keine Moslems waren und die man evtl. gegen die mächtigen Ungläubigen Nordafrikas und des Nahen Ostens einspannen (und bekehren) könnte. Sein Ziel war es, zu dem sagenhaften Priesterkönig Johannes, ein Christ, in Abessinien vordringen zu können. Vielleicht könnte er ihn überzeugen, mit ihm einen Kreuzzug gegen die mamlukkischen Türken zu führen, die die alten Wege der Seidenstrasse im Nahen Osten kontrollierten. Und so den alten Karawanenhandel mit Gold anzuzapfen. Übrigens scheiterte Portugal letztendlich auf den Kanaren, die von den Spaniern eingenommen wurden.

Ein Wort zum Thema „Suche nach Indien“ aus Heinrichs Herrschaftszeit: In Wirklichkeit war damit das Gebiet östlich des Nils und südlich von Ägypten gemeint, genannt „India Tertia“, d.h. die schwarzen Bewohner, Christen, aus Abessinien. Diese wurden von den Europäern im 15. Jahrhundert Inder genannt. Die Portugiesen suchten also in Wirklichkeit nicht einen Weg um Afrika herum, sondern nach Afrika hinein (zum Gold)! Unter Umgehung des muslimischen Maghrebs.

Mehr Glück hatten die Portugiesen mit der Eroberung der Insel Madeira (und kurz danach der Azoren), wo sie in den Besitz der 1. Zuckerfabrik kamen, damals in Europa als exotisches Heilmittel geschätzt. Die Portugiesen begriffen, dass man die lukrative Zuckerherstellung, eine elende Schufterei, weissen Menschen nicht zumuten konnte und von daher nur die Arbeit von Sklaven infrage kam. Dafür waren Sklaven von den Kanaren gut genug. Sogleich schnellte die Zuckerproduktion hoch. Doch woher mehr Sklaven nehmen? So veranlasste Heinrich der Seefahrer die weitere Erkundung der Westküste Afrikas, ein Unterfangen, dem keine schnellen Erfolge vergönnt waren. Und wie nur Zugang zu den legendären Goldminen von Mali finden?!

Portugals stockendes Vordringen steht in Kontrast zu in etwa zeitgleichen Ereignissen im China der Ming-Dynastie, als da wären sieben grosse Expeditionen zum afrikanischen Ufer des Indischen Ozeans bis hin an die ostafrikanische Küste mit einer Armada von 200 Schiffen (d.h. viel mehr als die spanische Armada 1588, die viel später aufbrach) und mit afrikanischen Giraffen im Gepäck . Soviel zur Überlegenheit der Europäer. Trotzdem gab China derartige Erkundigungen wieder auf. 

Das Zeitalter der Entdeckungen

Abgesehen vom Zeitalter der industriellen Revolution war die Zeit zwischen dem frühen 14. Jahrhundert und dem Ende des 15. Jahrhunderts bekanntlich gekennzeichnet durch nie zuvor gekannte und andauernde Umwälzungen der Weltgeschichte. Und dies betraf alle Bevölkerungs-zentren auf allen Kontinenten! Gemeinschaften, Nationen, ganze Regionen wurden durcheinander-gewirbelt, riesige neue Imperien entstanden. Enorme Bewegungen von Mensch und Gütern, Pflanzen, Tiere und insb. Krankheiten gelangten in bis dato unbekannte Weltgegenden. Überall ging es um Mobilität (fast wie heute…). Im Zentrum stand der Handel mit Menschen, die zunächst nach Europa und später in die „Neue Welt“ gebracht, nein, verschleppt wurden. Daraus ging nach und nach das System der Plantagenwirtschaft hervor, die sich als unglaublich einträglich erweisen sollte!

Ein Blick zunächst auf Europa: Eine riesige Landmasse bis nach China, bis dato nur ein Platz auf dem Klappsitz der Weltgeschichte. Denn die grössten Entwicklungen der Menschheit in puncto Religion, Naturwissenschaften, Technik, Nautik und Kriegskunst fanden bisher zumeist anderswo statt, nämlich im Fernen Osten. Während wir Europäer uns meist gerne im Zentrum sehen… Im 13. Jahrhundert reiste Marco Polo auf dem Landweg nach China. Dort unternahm die Ming-Dynastie im 15. Jahrhundert bereits sieben Forschungsreisen bis nach Ostafrika. Die erste umfasste 1405 fast 28.000 Mann und mehr als 250 Schiffe, die grössten waren riesig, mehr als 100 m lang mit 9 Masten – also viel grösser als Kolumbus´ Flaggschiff, die Santa Maria, mit 20 m Länge und 52 Mann Besatzung. 

Und die Chinesen waren nicht die einzigen Entdecker lange vor Kolumbus; diese reichten von malaiischen Völkern bis hin zu Indigenen vom Amazonas, die schon in prähistorischen Zeiten Kontakt mit den Ureinwohnern Australiens, Neuguinea und den Andamanen gehabt haben müssen, wie man heute aus genetischen Analysen weiss, unglaublich. Prähistorische Reisen über die Ozeane!

Was trieb die Europäer/Iberer nun zur ihren Weltentdeckungen? Wir lernten in der Schule, es war die Suche nach einer Seeroute nach Asien, mit seinen Gewürzen und Seidenmärkten. Und warum hatten die Portugiesen ein Interesse daran, Afrika zu umrunden? Allerdings kamen sie 1488 zunächst nicht viel weiter als zum Kap der Guten Hoffnung. Warum tasteten sich die Portugiesen vielmehr mehr die Westküste Afrikas entlang? Warum trug der portugiesische König João den Beinamen „Der Afrikaner“? Wegen seines gewaltigen Vermögens, zu dem seine Männer in Westafrika Zugang bekamen. 

Oder lag es an dem angeblichen Kampf gegen die Ungläubigen (Eroberung des marokkanischen Ceuta, später die Kanarischen Inseln durch Spanien, Madeira und die Azoren durch Portugal)? Oder waren es die Fortschritte in Wissenschaft und Technik in Europa, z.B. im Schiffbau, die seinen Aufstieg zur Weltmacht befeuerten? Wobei das Kreuzen vor dem Wind von den Arabern erfunden wurde und nicht den Europäern. Wahrscheinlich kam alles zusammen, nur wurde Afrika oder Interesse daran selbst im Allgemeinen in der europäischen Geschichtsschreibung ausgeklammert. 

Systematisch übersehen wurde dabei vor allem, kritisiert der Autor, die Rolle Mansa Musas und sein unvorstellbarer Reichtum an Gold, der die Phantasie der Europäer über das Vorhandensein einer atlantischen Welt beflügelte. Schon Ende der 1320er Jahre zirkulierten Karten in Europa, die von der Existenz eines Reiches Mali südlich der Sahara tief im Inneren Westafrikas berichteten. Beispiels-weise 14 Jahre nach Musas Pilgerreise nach Ägypten beschrieb eine erhalten gebliebene Karte Afrika mit einem Mindestmass an Genauigkeit. Sie zeigt die Strasse in das „Land der Neger“ und einen „hellhäutigen Sarazenenkönig“, der über ein sandiges Land und eine ausserordentliche Fülle an Goldminen herrscht. Auch der bekannte islamische Gelehrte Ibn Battuta hielt 1355 Vorträge im maurischen Granada über seine Reisen in diese als Sudan bekannte Region.

Im 14. Jahrhundert trieben jüdische Kaufleute aus Mallorca bereits Handel zwischen Europa und Afrika. Anders als die Christen durften sie im islamischen Nordafrika frei umherreisen und Handel quer durch die Sahara treiben, zusammen mit den Kaufleuten aus Genua. Sie arbeiteten mit Kreditbriefen, wenn sie zusammen mit muslimischen Reisenden in Karawanen Gold durch die Sahara transportierten, z.B. von Ghana und Mali.

Die Hauptrolle als Auslöser der Weltentdeckungen übernahm schliesslich der sog. Katalanische Welt-atlas von 1375 mit nie dagewesenen Details insb. zu Afrika und dem sagenumwobenen Reich Mali, wichtiger als alle Träume von Indien oder dem technischen Fortschritt. Nein, die Suche nach dem Goldreichtum war laut French das wahre Motiv für die Geschichte der Entdeckungen 

Handel mit Sklaven, Textilien und Metallwaren

Auf der Jagd nach Sklaven mussten die Portugiesen immer weiter nach Osten vordringen, da die Wilden immer misstrauischer wurden und sich mit ihren Mitteln durchaus wirksam zu verteidigen wussten (lange Einbäume, Bogenschiessen, Pflanzengifte). So hatten sich die Portugiesen das nicht vorgestellt! Ausserdem stellten sie fest, dass entlang der Küste des Senegal viele Schwarze unter der Herrschaft von Königen lebten, viele afrikanische Gesellschaften besassen so etwas wie Gesetze, wenn auch in mündlicher Form und organisierte Verwaltung. Manche Völker im Senegal wie die Jolof verfügten durch den Handel mit Mali und dem Maghreb Informationen und Kontakte zu Europäern (in Spanien/Andalusien). Deren Fürst reiste sogar wegen Unterstützung bei seiner Thronfolge bis nach Lissabon zum portugiesischen König, wurde dort zum Ritter geschlagen und liess sich zum Christentum bekehren. Und seine Bitte um Unterstützung fand sogar Gehör.

Der Sklavenhandel hatte wie gesagt im Senegal bereits vor der Ankunft der Europäer existiert, und zwar durch die Sahara gen Norden. Die Jolof übernahmen nun den Sklavenhandel im Auftrag der Portugiesen. Der Bedarf an afrikanischen Sklaven/Arbeitskräften wuchs nämlich nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453, was das Tor zu den früheren Sklaven aus Osteuropa und dem Nahen Osten definitiv blockierte (und nicht nur zu indischen Gewürzen, wie es gerne heisst). Daher kam die Idee der Suche nach dem Seeweg nach Indien um Afrika herum auf.

Mittlerweile waren die portugiesischen Eroberer auf der Suche nach dem „Goldfluss“ und den Goldminen von Mali bis nach Sierra Leone vorgedrungen, ohne jedoch auf das gesuchte Gold gestossen zu sein. So begnügte man sich vorerst mit Messing. Es stellte sich heraus, dass die Afrikaner vielfach über ausgefeilte Metallverarbeitungstechniken verfügten, Stoffe beeindruckender Qualität weben konnten sowie Färbetechniken besassen. Nur fehlte es z.T. an Erzen oder Pflanzenfasern.

Auf diese Art etablierte sich ein Handel mit Textilien und Metallwaren, die in den neu entdeckten afrikanischen Gesellschaften sehr gefragt waren. Dieser Afrikahandel bezog nicht nur Südeuropa ein, sondern ebenfalls den Norden wie die Niederlande und Deutschland. Als weiterer Handelsartikel entwickelten sich, nach Entdeckung des wahren Indiens, kostbare, leichte indische Textilien, die dem dicken, europäischen Tuch in tropischen Gegenden überlegen waren. So organisierten die Portugiesen den Handel mit Afrika und Südasien im Textilbereich (z.B. Chintz). Das führte in den Jahrhunderten danach zu der Tatsache, dass die Portugiesen keine afrikanischen Sklaven ohne indische Stoffe als Gegenleistung bekamen.

Eroberung des afrikanischen Festlandes und Handelsbeziehungen mit Portugal

Es war also die Suche nach Gold, die die Portugiesen zu den Sklaven führte (und diese später zum Zuckeranbau). Die Portugiesen führten Mitte des 15. Jahrhundert (also vor Kolumbus 1492) wahre Razzien an den Küsten Westafrikas durch. Bisher hatte die Goldsuche finanziell wenig gebracht, deshalb diese Jagd nach Sklaven, und zwar an der Küste von Mauretanien. In Portugal wurden die Sklaven auf neuen Sklavenmärkten verkauft. Und allein wegen ihrer dunklen Hautfarbe wurden sie als minderwertig betrachtet, Heiden obendrein, sie waren nichts anderes als Wilde, Primitive. Ganz anders als die Mauren, anerkannt als „Menschen des Buches“ (mit Christen und Juden). Obendrein herrschte damals die Vorstellung von Schwarzen als gottlosen Tieren vor, ohne jegliche Kultur und Mittel, sich zu verteidigen. Erst ein Jahrzehnt später kamen die Portugiesen mit stabilen, afrikanischen Staaten in Kontakt, die sich durchaus wehren konnten.

Vor diesem Hintergrund hebt der Autor die Bedeutung der Jahrzehnte afro-europäischer Kontakte nach 1444 als grundlegend für die Geburt der modernen Welt hervor, für die Fortschritte des Westens sowie Afrikas spätere Stellung bis heute, die selten oder nie erwähnt würden! Da die Europäer sowieso meistens überlegen waren, erschien es nur logisch, dass sie (die Iberer) es schafften, sich des Sklavenhandels Guineas zu bemächtigen und ihn bis in die Neue Welt auszudehnen. 

Über Razzien und Kreuzzüge hinaus gingen die Portugiesen mit der Zeit zu zivilisierten Beziehungen mit Afrika über wie z.B. dem Austausch von Botschaftern, Handelsverträge usw. Afrika, insbesondere Westafrika, war wirtschaftspolitisch für Portugal überlebenswichtig geworden, eine neue Goldmünze wurde geprägt, die Reichtum ins Land brachte, das begünstigte Städtebau und Mobilität. Schon lange vor der Entdeckung Amerikas wurde Westafrika als „Neue Welt“ bezeichnet; so bedeutsam war es geworden, dass die Portugiesen Schwarzafrika als ihr Land betrachteten, wie die Spanier das amerikanische Festland. Vor der Küste Westafrikas spielten sich auch die ersten Seeschlachten europäischer Mächte ab. 

Rivalität zwischen Spanien und Portugal

Die sich aus dieser Rivalität ergebende Seeschlacht zwischen Portugal und Spanien vor El Mina 1478, der erste innereuropäische Kolonialkrieg zur See in der Geschichte, endete zunächst in einem Patt. Durch die Vermittlung des Papstes wurde die Welt daraufhin wie folgt aufgeteilt: Spanien hatte klar zuhause an Land gesiegt. Und Portugal auf See vor Westafrika. Mit anderen Worten: Portugal verzichtete 1479 per Vertrag auf die kastilische Krone, erhielt indes die Kontrolle über das gesamte, subsaharische Afrika, während Spanien endlich die Kanaren zugesprochen bekam. Diese Aufteilung sollte weitreichende Folgen für die frühmoderne Zeit und lange darüber hinaus haben.

Eine weitere Konsequenz war Portugals neues Monopol auf die westafrikanischen Goldreserven. Dieses Monopol liess Spanien keine andere Wahl, als sich auf die Erforschung bzw. Entdeckung neuer Gebiete im Westatlantik zu konzentrieren und neue Quellen des Reichtums zu erschliessen! In diesem Kontext ist insb. der Entdecker Christopher Kolumbus weltberühmt geworden, der den Atlantik überqueren wollte und glaubte, auf dem gleichen Breitengrad wie Elmina auch anderswo Gold finden zu können. Bekanntlich landete er vorerst nur auf der Insel San Salvador in der Karibik. Die spanischen Kanaren stellten sich dann allerdings als wichtiges Sprungbrett für Kolumbus´ weitere Reisen heraus, die das Land später zur Kontrolle über fast die gesamte Neue Welt führen sollte! Und die Spanier fanden nicht nur Gold, sondern auch Silber in unglaublichen Mengen.

In der Geschichtsschreibung nahm Spanien in der Folge einen weit grösseren Raum in jener Zeit ein, als es ihm im Grunde zustehen würde/müsste. Denn durch eine Reihe von Verträgen unter Vermittlung des Vatikans zog Portugal ganz und gar nicht den Kürzeren und hatte einen viel grösseren Einfluss auf die Moderne als zumeist bekannt. Und dies wegen seiner weitaus intensiveren Beziehungen zum subsaharischen Afrika zunächst durch Gold und später viel stärker noch durch Sklaven.

Zurück zum westafrikanischen Gold. Trotzdem gab Spanien den Goldhandel mit El Mina nach der Seeschlacht nur offiziell auf. Die Portugiesen sicherten sich daher durch den Bau einer Festung ab, die dauerhaft besetzt wurde. Teil der Baumannschaft war ein Adliger namens Bartolomeu Diaz, der sieben Jahre später die Südspitze Afrikas umrunden und in den Indischen Ozean vordringen sollte. Auch weitere Entdecker wurden angeheuert. Sogar Kolumbus, damals in portugiesischen Diensten, besuchte die Festung. El Mina blieb für lange Zeit der einzige europäische Aussenposten dieser Art. Diese Garnison beförderte mit ihrem Gold nicht nur den Aufstieg Lissabons, sondern ebenso eine Revolution der Plantagenwirtschaft durch den Sklavenhandel, die in den folgenden Jahrhunderten durch die Ausdehnung auf die Neue Welt umwältigenden Reichtum generieren sollte. 

Während dieser Zeit stellten die Europäer überall an der Atlantikküste fest, dass sie es mit hoch entwickelten Gesellschaften und politischen Systemen zu tun hatten – und die sich obendrein effektiv gegen Eindringlinge zu verteidigen wussten. Das waren keine unbedarften Afrikaner, sondern sie waren sich vollkommen darüber im Klaren, dass sich jenseits ihres begrenzten Horizontes eine vielfältige Welt mit weitgespannten Interessen befand.Mit ihrem Gold wurde nämlich schon lange über muslimische Netzwerke im Sudan bis nach Europa gehandelt. Also waren sie von den Europäern weder überrascht noch eingeschüchtert. Bestes Beispiel war ein von den Portugiesen Caramansa genannter, selbstbewusster, eindrucksvoller König. Die Afrikaner begegneten den Europäern mit Interesse und Skepsis, blieben aber wachsam, sie hatten bereits ihre Erfahrungen gemacht. Deshalb schränkten sie die Handlungsfreiheit der Europäer zumeist ein.

Fort Elmina wurde der erste von 60 Stützpunkten dieser Art, um Gold zu beschaffen. Erst gegen 1640, nach Oberguinea, Kongo und Luanda (Angola), wurde die Gegend ein wichtiger Umschlagplatz für den Handel mit Sklaven in der Karibik, nach Brasilien und danach in die britischen Kolonien Nordamerikas. Metall hatte alles in Gang gesetzt. Als die Spanier die Neue Welt entdeckten und die Plantagenwirtschaft entstand, wurde diese Region zur Drehscheibe für die massenhafte Verschiffung von Sklaven. Heute ist Elmina ein Symbol für den Sklavenhandel, das niemand mehr kennt, vergessen der Goldhandel an der Goldküste. 

Aufteilung der Welt zwischen Spanien und Portugal

In jene Zeit fiel überdies die Aufteilung der neu entdeckten Gebiete zwischen Spanien und Portugal durch den Vertrag von Tortesillas von 1494 nach einem Meridian auf, der 2282 km westlich der Kapverdischen Inseln verlief (damals schon portugiesisch). Portugal erhielt alles Gebiet östlich davon, d.h. das gesamte subsaharische Afrika. Dies beinhaltete auch weite Teile Asiens, die allerdings wegen der grossen Entfernungen weniger lukrativ als der Afrikahandel waren. Spanien bekam seinerseits dagegen den grössten Teil Amerikas zugesprochen, ausser Brasilien. 

Portugal blühte nicht nur durch den Goldhandel auf, es folgten der Handel mit afrikanischen Sklaven, später die Zuckerproduktion auf den Inseln vor Westafrika, deren Ausgangspunkt Sao Tomé war. Diese Insel wurde zum Modell für die ungemein profitable Plantagenwirtschaft in Brasilien, die eines Tages ebenso viel einbringen sollte wie alles, was Spanien aus ganz Amerika herausholte! Und Dreh- und Angelpunkt für all diesen europäischen Reichtum waren die Festung von Elmina und das Gold. Hier entstand die Moderne.

Howard W: French „Afrika und die Entstehung der modernen Welt. Eine Globalgeschichte“. Klett-Cotta 2023

Wer mehr über die Geschichte afrikanischer Länder wie z.B.  Sudan, Somalia, Eritrea und Äthiopien wissen will, dem kann ich auch das Buch von Zeinab Badawi „Eine afrikanische Geschichte Afrikas“, Piper 2024, empfehlen, eine gute Ergänzung.